Stuttgart - Die Frage war keineswegs brisant, sie war sogar sehr harmlos - trotzdem schüttelten die Befragten heftig mit dem Kopf. Nein, er denke gar nicht daran, sich zu den Aussichten des VfB Stuttgart in der Champions League zu äußern, sagte der Manager Horst Heldt, und der Teamchef Markus Babbel assistierte: "Wir werden in den nächsten Wochen noch genug Zeit haben, darüber zu reden." Jetzt aber sei der falsche Zeitpunkt, denn am Samstag kommt der 1. FC Nürnberg zum vierten Bundesligaspiel nach Stuttgart.
Fein abgesprochen war der Champions-League-Redeboykott, der vor allem eines dokumentieren sollte: niemand soll auf die Idee kommen, dass der Einzug in die glitzernde Königsklasse den Blick für den grauen Alltag trübt, der ein Spiel gegen den Aufsteiger nun einmal bedeutet. "Die Hausaufgaben werden in der Liga gemacht", stellt Babbel klar - und weiß genau, dass es eine gewaltige Aufgabe darstellt, beide Wettbewerbe plus DFB-Pokal und Länderspiele unter einen Hut zu bekommen. Auch in dieser Hinsicht liegt der Teamchef ganz auf der Linie von Horst Heldt, der aus Erfahrung weiß: "Das wird ein Balanceakt."
Rotation heißt das Zauberwort
Kläglich gescheitert war vor zwei Jahren das Unterfangen, in Champions League und Bundesliga erfolgreich zu sein. Als deutscher Meister stand der VfB damals international auf verlorenem Posten und verlor auch in der Bundesliga zusehends den Anschluss. Diesmal soll die Trendwende im Europacup geschafft werden, ohne dass die Liga darunter leidet. "Wir wollten diesen Dreitagerhythmus haben, und wir wollen ihn auch in den nächsten Jahren haben", sagt Babbel: "Unser Ziel ist es, dass wir möglichst über Jahre hinaus in der Champions League spielen."
Das Rezept für den Spagat hat sich Babbel von Ottmar Hitzfeld abgeschaut und geht dabei fast noch konsequenter vor als sein früherer Lehrmeister beim FC Bayern. Rotation heißt das Zauberwort. Noch nicht einmal in dieser Saison hat der VfB zweimal hintereinander mit der gleichen Startelf gespielt. Auch gegen Nürnberg will der Teamchef seine Mannschaft wieder munter durcheinandermischen - und wiederholt unermüdlich die Gründe für das stetige Wechselspiel: jeder Mann sei wichtig, frische Kräfte seien genauso dringend nötig wie schöpferische Pausen.
Dank des großen Kaders hat Babbel jede Menge Variationsmöglichkeiten, von denen er ohne Rücksicht auf Namen Gebrauch zu machen gedenkt. Im geheimen Abschlusstraining jedenfalls wollte er am Freitag Nachmittag "ganz genau hinschauen, wer konzentriert bei der Sache ist und wer es eher locker angehen lässt". Klar sei in jedem Falle: "Wir müssen gegen Nürnberg gewinnen, um oben dranzubleiben."
Suche nach einem neuen defensiven Mittelfeldspieler
Und klar ist auch: nach dem Spiel gegen Nürnberg, spätestens am Montag, wird die Suche nach einem neuen defensiven Mittelfeldspieler abgeschlossen sein. Noch immer hat der VfB mehrere Kandidaten im Auge, von denen sich einer verabschiedet hat. Nach der Europa-League-Qualifikation von Hertha BSC ist die Hoffnung auf eine Verpflichtung Gojko Kacars gegen null gesunken. Ein weiterer Name ist daher von der Liste gestrichen, nachdem zuvor Ever Banega, für den der VfB dem FC Valencia eine Ablöse von 7,5 Millionen Euro bot, abgesagt hatte.
Vier weitere Kandidaten sind nun verblieben, von denen einer eine eher überraschende Lösung wäre: es ist der frühere Nationalspieler Dietmar Hamann. Bisher hatte Heldt vornehmlich nach jungen, aufstrebenden Talenten gefahndet - nun beschäftigt er sich mit zunehmender Intensität mit dem 36-Jährigen, der bis Sommer bei Manchester City unter Vertrag stand und seither ohne Verein ist. Hamann wäre so etwas wie die letzte Option, sollte es in den anderen Verhandlungen bis Montagabend zu keiner Einigung kommen. Da Hamann derzeit keinen Vertrag hat, könnte er sogar nach dem Ende der Transferfrist verpflichtet werden - ablösefrei, versteht sich.
Noch etwas spricht für den langjährigen Englandlegionär, auch wenn dies wenig mit Fußball zu tun hat: Er ist ein enger Freund von Babbel. Legendär soll es gewesen sein, wenn die beiden Bayern einst in Liverpool um die Häuser gezogen sind.
Quelle: stuttgarter-zeitung.de
Samstag, 29. August 2009
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