Freitag, 27. August 2010

Euroleague Quali: Weiter mit Ach und Krach

Am Ende seines Arbeitstages standen dem VfB-Trainer Christian Gross die Schweißperlen auf dem kahlen Haupt, was nur bedingt mit den Sommertemperaturen in der Mercedes-Benz-Arena zu tun hatte. Seine Profis hatten gegen das furchtlos auftretende Team von Slovan Bratislava 2:2 (0:1) gespielt – das hat gerade so für den Einzug in die Gruppenphase der Europa League gereicht. Doch der Auftritt des VfB vor 14.000 Fans macht weiter Grund zur Sorge: Die Abgänge von Lehmann, Khedira, Hleb, Osorio oder Hilbert sind längst nicht kompensiert, dem Team fehlt es an der nötigen Abstimmung, am Kampfgeist und einer internen Hierarchie. "Wir haben nicht gut gespielt, aber wenigstens stimmt das Ergebnis", sagte Christian Gross, der gegen die Slowaken sein Team im Vergleich zum Bundesligaauftakt in Mainz (0:2) leicht umkrempeln musste: Für den grippekranken Philipp Degen spielte Christian Träsch rechter Verteidiger – und im linken Mittelfeld kam Daniel Didavi, 20, zu seinem Debüt bei den Profis.

Letztlich genügten dem VfB beherzte neun Minuten in einem ansonsten trostlosen Auftritt, um die 2:0-Führung der Gäste durch Toren von Timo Gebhart und Christian Gentner zu egalisieren. Wie in der Runde zuvor gegen Molde FK wurde der VfB auch vom slowakischen Tabellenführer lange Zeit vorgeführt – und zudem in der Anfangsphase kalt erwischt: Am Elfmeterpunkt duckte sich Christian Gentner weg, während der Slovan-Kapitän und Innenverteidiger Martin Dobrotka den Kopf hinhielt – 1:0 für die Gäste (9.). Der Torwart Sven Ulreich war chancenlos, das Hinspielergebnis damit egalisiert. Die Stuttgarter kamen daraufhin zwar zu Schusschancen durch Gentner, Ciprian Marica und dem Debütanten Didavi – doch das Abwehrverhalten blieb, beginnend mit den defensiven Mittelfelspielern Gentner ("bei uns passt vieles noch nicht zusammen") und Zdravko Kuzmanovic, haarsträubend. So kam Bratislava zu zwei Lattenschüssen. Der verdutzte Ulreich im Tor wusste nicht wie ihm geschah, weil seine Vorderleute nicht in die Zweikämpfe gingen.

Keine Nibelungentreue

Anstatt aggressiv gegen den Mann zu verteidigen, standen Cristian Molinaro und Co. brav Spalier. Nach dem Wechsel der nächste Schock: Zunächst leistete sich der junge Daniel Didavi einen Fehlpass, dann stolperte Georg Niedermeier seinem Gegenspieler Jakub Sylvestr sieben Meter vor dem Tor den Ball direkt vor die Füße. Der bedankte sich: 0:2 (53.). Doch der VfB war spätestens nach der Gelb-Roten Karte durch Michal Breznanik nach einem Rempler geweckt: Dem gefoulten Timo Gebhart gelang kurz darauf der Anschlusstreffer aus dem Gewühl heraus (56.). Acht Minuten später ließ Christian Gentner mit einem abgefälschten Distanzschuss das 2:2 folgen – das reichte. "Das war ein dramatischer Abend – ich hätte es gerne etwas ruhiger gehabt", sagte der VfB-Manager Fredi Bobic. Während sich die Kollegen auf dem Rasen gegen den formal zweitklassigen Gegner aus Bratislava abmühten, musste Serdar Tasci derweil weiter auf der Bank schmoren. "Kein Spieler hat bei mir eine Einsatzgarantie", sagte Christian Gross in Richtung des 14-fachen deutschen Nationalspielers, der auf seine Nichtberücksichtigung zunehmend verstimmt reagiert – und seinen Berater Uli Ferber ("wir müssen die Zukunft neu überdenken") beim den Cluboberen vorsprechen ließ . "Für mich wird um Tasci zu viel Wirbel gemacht – Boulahrouz ist schließlich Vizeweltmeister", sagte Fredi Bobic. Nibelungentreue hört sich anders an.

Tasci, der beim VfB einen Vertrag bis 2014 mit Ausstiegsklausel besitzt, wird abwarten, ob er am Sonntag gegen Dortmund in die Startelf rückt. Sollte er auch gegen den BVB nicht zur ersten Wahl zählen, dürfte ein Wechsel wahrscheinlich werden. Durch das 2:2 gegen Bratislava steht der VfB unterdessen in der Gruppenphase der Europa League, was der Trainer Christian Gross als "einen ersten Teilerfolg in dieser Saison" wertet. Im Wettbewerb befinden sich noch 48 Teams, die auf zwölf Vierergruppen mit Hin- und Rückspiel aufgeteilt werden.

Somit bestreitet der VfB jeweils donnerstags zwischen der Auftaktrunde am 16. September und dem letzten Spieltag am 16. Dezember insgesamt sechs Partien. Die beiden Gruppenersten ziehen letztlich in die erste K.o.-Runde der Europa League im nächsten Jahr ein. Auf welche Gegner der VfB in der Gruppenphase treffen wird, steht am Freitag am frühen Nachmittag fest. Die Auslosung der Gruppenphase um 13 Uhr (live auf Eurosport) findet im Grimaldi Forum in Monaco statt.

Stuttgart
Ulreich – Träsch, Boulahrouz, Niedermeier, Molinaro – Gentner, Kuzmanovic – Gebhart (89. Funk), Didavi (68. Audel) – Cacau, Marica (46. Harnik).

Bratislava
Putnocky – Janosik (75. Kiss), Dobrotka, Salata, Breznanik – Guédé, Bozic – Bagayoko, Grendel (88. Stepanovsky), Ivana (75. Slovak) – Sylvestr.

Schiedsrichter
Nikolajew (Russland).

Tore
0:1 Dobrotka (9.), 0:2 Sylvestr (53.), 1:2 Gebhart (56.), 2:2 Gentner (64.).

Gelb-Rote Karte
: Breznanik (55./Tätlichkeit).

Quelle: stuttgarter-zeitung.de

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