Montag, 7. Dezember 2009

Tasci, der frustrierte Torschütze


Torschützen sehen eigentlich anders aus. Serdar Tasci wirkt weder glücklich noch befreit, nachdem er den Ball zum 1:0 ins Bochumer Netz geköpft hat. Sein Jubel fällt sogar so verhalten aus, dass viele Zuschauer rätseln, was mit dem Nationalverteidiger in diesem Augenblick los ist. Die direkte Antwort verweigert Tasci später. Er sagt nur, dass sein Verhalten nichts mit den Fanprotesten an diesem für den VfB so schwierigen Tag zu tun hatte. Aber wie lautet die Botschaft dann?

Indirekt erklärt sich Tasci (22) nach dem 1:1 durch seine Körpersprache. Er ist bitter enttäuscht über seinen Club, der es in der vergangenen Woche zugelassen hatte, dass der alte Teamchef Markus Babbel die Hierarchie in der Mannschaft korrigierte. Thomas Hitzlsperger wurde als Spielführer entmachtet, doch zum Nachfolger wurde nicht der Stellvertreter Tasci bestellt, sondern Matthieu Delpierre. Weil der zu diesem Zeitpunkt schon sehr in der Kritik stehende Babbel bei seiner Entscheidung die Rückendeckung von oben hatte, sitzt der Stachel umso tiefer bei Tasci. Er freut sich über seinen Treffer nicht.

Dass sich daran durch den Wechsel von Babbel zu Christian Gross jetzt so schnell etwas ändert, ist deshalb eher unwahrscheinlich. Tasci fühlt sich von seinem Club schlicht übergangen und ungerecht behandelt - und er vermittelt klar den Eindruck, dass seine Identifikation mit dem VfB darunter noch länger leiden wird. "Wenn der Kapitän ausscheidet, ist es logisch, dass der Vizekapitän nachrückt", sagt Tasci, der das Thema öffentlich nicht vertiefen möchte. Aber wie verärgert er ist, kann er nicht verbergen. Ob er angesichts der Entwicklung überlege, aus dem Spielerrat zurückzutreten, wird Tasci gefragt. "Wir stecken in einer Krise - und da will ich nicht, dass durch meine persönliche Geschichte alles noch schlimmer wird."

Es reicht auch so. In der Mannschaft brodelt es ohnehin an allen Ecken und Enden. Da will Tasci nicht noch Öl ins Feuer gießen. Dabei hätte er vermutlich sogar Grund dazu. Denn im Sommer hat er seinen Vertrag nur bis 2014 verlängert, weil ihm der Club fest versprach, dass ihm mehr Verantwortung für das Ganze übertragen wird. Sichtbar werden sollte dies durch eine hervorgehobene Stellung als Führungsspieler. Das war die Bedingung, denn sonst wäre er zu Juventus Turin gewechselt. Mit der neuen Rolle wollten Tasci und der VfB auch ein Zeichen setzen in Richtung Nationalelf, in der er von dem Bundestrainer Joachim Löw zwar geschätzt wird, doch im Umfeld fehlt ihm die Lobby. Dass dies anders wird, ist für Tasci wichtig bezüglich seiner Teilnahme an der WM 2010.

Und jetzt? Ob er überhaupt noch Vizekapitän sei, wisse er nicht, so Tasci. Darüber habe keiner vom VfB mit ihm gesprochen. Er schüttelt den Kopf. Dabei hat er zuletzt ein hohes persönliches Risiko in Kauf genommen, um der Mannschaft zu helfen. Tasci leidet unter einer Überlastungsreaktion im Mittelfuß, was im schlimmsten Fall zu einem Bruch führen kann. Deshalb weigert sich der Mannschaftsarzt Raymond Best, den Spieler gesundzuschreiben. Tasci ließ sich von dem Alternativmediziner Mohamed Khalifa im österreichischen Hallein behandeln. Seitdem steht er wieder auf dem Platz - auf eigene Gefahr.

In der Partie gegen Bochum bekam er einen Schlag genau auf die Problemstelle am Fuß. Noch 90 Minuten nach dem Abpfiff verzieht er deshalb das Gesicht. Tasci sagt, dass er wieder Schmerzen habe, aber dass es schon irgendwie gehen werde. Der Seelenschmerz ist sowieso schlimmer.

Quelle: stuttgarter-zeitung.de

1 Kommentar:

  1. tasci halt die fresse und spiel fussball. deine leistungen waren teilweise auch unterirdisch...!

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