Hannover 96 feiert weiter, Jens Keller zittert um seinen Arbeitsplatz: Während sich die Niedersachsen am Freitag durch einen 2:1 (1:0)-Sieg auf den zweiten Platz der Fußball-Bundesliga vorschoben, steht der VfB Stuttgart vor dem zweiten Trainerwechsel der Saison.
Das fünfte sieglose Spiel in Serie hat die Krise und die Abstiegssorgen des Drittletzten verschärft. Bei 96 sorgten die Tore von Didier Ya Konan (35./76.) trotz des Gegentreffers von Georg Niedermeier (74.) für die Einstellung eines Vereinsrekordes: Fünf Siege nacheinander hatte es zuletzt 2004 gegeben. „Diese Mannschaft hat Charakter, ist spielstark und sie will“, sagte Vereinschef Martin Kind bereits zur Pause des Spiels.
Bobic kritsiert Spieler: "Müssen sie sich schon die Charakterfrage stellen.“
VfB-Trainer Keller zeigte sich stark angeschlagen. „Ich bin von der Mannschaft maßlos enttäuscht. Wenn man sie so spielen sieht, ist es traurig“, sagte er. Mögliche Konsequenzen daraus liegen nicht in seiner Macht. „Keine Ahnung. Man muss jetzt erstmal warten, wie es weitergeht“, meinte er. Auch Sportdirektor Fredi Bobic wollte sich über einen möglichen Trainerwechsel nicht äußern und kritisierte stattdessen ebenfalls die Spieler. „Wir stecken tief im Schlamassel drin. Wenn man das sieht, müssen sie sich schon die Charakterfrage stellen.“ Kapitän Matthieu Delpierre sprach von einer kritischen Situation. „Sie ist so kritisch wie noch nie“, meinte der Franzose.
Labbadia, Meyer und Daum als Nachfolger gehandelt
Beim VfB werden nun vor allem Bruno Labbadia aber auch Hans Meyer und Christoph Daum als mögliche Nachfolger von Keller gehandelt. Der erst vor knapp zwei Monaten vom Assistenz- zum Chefcoach beförderte Ex-Profi überraschte in der als persönliches „Endspiel“ angesehenen Partie mit einer Personalie und bot Elson als Spielmacher auf. Es passte zur Situation der stark angeschlagenen Stuttgarter, dass Kellers Plan frühzeitig scheiterte. Der Brasilianer war in der vergangenen Saison an Hannover ausgeliehen worden und hatte dort einen großen Anteil am Klassenerhalt. Ein endgültiger Transfer scheiterte im Sommer nur an einer Knieverletzung des 29-Jährigen. „Bei der Vorgeschichte weiß man, dass er brennt. Er hat fantastisch trainiert“, sagte Sportdirektor Fredi Bobic. Für Elson änderte er zunächst erneut seine Taktik und stellte auf ein 4-2-3-1-System um. Der VfB versteckte sich nicht und versuchte, seinen neuen Regisseur so häufig wie möglich anzuspielen. Zahlreiche Fehler und Ballverluste zeigten aber, wie tief die Verunsicherung saß. Bereits zur Halbzeit musste Hoffnungsträger Elson wieder raus.
Schwaben spielen unentschlossen und unstrukturiert
Hannover spielte deutlich zielstrebiger und hatte durch Ya Konan auch die erste Torchance (20.). Die Führung deutete sich frühzeitig an, fiel aber nach weiteren Möglichkeiten durch Lars Stindl und Emanuel Pogatetz erst in der 35. Minute. Ya Konan nutzte eine völlige Unordnung in der Stuttgarter Abwehr zu seinem achten Saisontreffer. Der VfB hätte nur drei Minuten später bei seiner ersten Chance durch Cacau wieder ausgleichen können, kam aber über Ansätze nicht hinaus. Die Schwaben spielten viel zu unentschlossen und unstrukturiert, um den Gegner ernsthaft gefährden zu können.
Keller reagierte darauf und brachte nach dem Wechsel mit Stürmer Pawel Pogrebnjak und dem lange verletzten Neuzugang Johan Audel zwei Offensivkräfte. Die Stuttgarter ließen sich nicht hängen und wurden durch den Ausgleich zunächst auch belohnt, aber schon im Gegenzug nutzte der starke Ya Konan die nächste Abwehrschwäche und erzielte seinen neuen Saisontreffer. Der VfB wirkte auch jetzt zu harm- und einfallslos. Er spielte erkennbar nicht gegen seinen Trainer, aber auch nicht wirklich für ihn.
Quelle: stuttgarter-nachrichten.de
Samstag, 11. Dezember 2010
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