Sprechchöre, Fangesänge, Ovationen im Stehen: In einem mitreißenden Achtelfinal-Hinspiel hat der VfB Stuttgart in der Champions League der Millionen-Truppe des FC Barcelona ein 1:1 (1:0) abgetrotzt. Im Rückspiel am 17. März muss er aber auf ein kleines Wunder hoffen.
Von einem "Genießer-Tag" sprach Horst Heldt vor dem Anpfiff. Und tatsächlich: Der Manager hatte nicht zu viel versprochen, am Ende sollte er recht behalten. Da rieb sich der Anhang der Roten die Augen - aus Verwunderung und Freude über das "Super-Spiel" (Heldt) gegen den scheinbar übermächtigen Gegner.
Einen mutigen, engagierten VfB hatte der rote Anhang erwartet, doch was die Mannschaft den 40000 Fans in der Mercedes-Benz-Arena dann servierte, war streckenweise vom Allerfeinsten. Mit viel Leidenschaft und wenig Respekt ließ der VfB von Beginn an keinen Zweifel daran, wer Herr im Hause war. "Die erste Halbzeit war gut, vor allem vom Engagement her", lobte Trainer Christian Gross. Fast folgerichtig fiel das 1:0 durch Cacau: Der Brasilianer mit deutschem Pass köpfte eine scharfe und präzise Flanke von Timo Gebhart gegen den desorientierten Carles Puyol ins Tor (25.).
Barcelona, das lange Zeit seltsam zögerlich spielte und sich ungewohnt viele Fehlpässe leistete, blieb meist nur das Nachsehen - zumindest bis zur Halbzeit. Kurze Zeit später erzielte Zlatan Ibrahimovic nach Doppelpass mit Piqué den Ausgleich (52.) - sehr zum Ärger von Trainer Gross: "Da haben wir nicht gut verteidigt. Die erste Kopfball-Abwehr war nicht optimal."
Plötzlich bekamen die Roten schwere Beine. Mit jedem Schritt spürten sie, wie die Kräfte nachließen - kein Wunder nach dem läuferischen, kämpferischen und spielerischen Aufwand, den sie vor der Pause betrieben hatten. Dennoch gelang es ihnen, Barcelona weiter Paroli zu bieten. Auch wenn es am Ende nicht ganz zur Sensation reichte: Der VfB hat allen Grund, auf diese Leistung stolz zu sein.
Trainer Gross hatte seine Mannschaft optimal auf den Titelverteidiger eingestellt. Der VfB baute rund 30 Meter vor dem eigenen Tor eine Verteidigungslinie auf, und bei den wenigen zielgerichteten Vorstößen der Spanier vor der Pause war stets die aufmerksame Hintermannschaft zur Stelle. Nach vorn beeindruckte der VfB durch eine immens hohe Laufbereitschaft, aggressive Tacklings und ein schnelles, aber keineswegs überhastetes Spiel.
Damit hielt er das große Barça nicht nur in Schach - nein, er beherrschte die weltbeste Mannschaft fast nach Belieben, spielte eine Torchance nach der anderen heraus. Kurz: Es passte zunächst alles an diesem wunderbaren, streckenweise fantastischen Abend. Da war es nur ein bisschen schade, dass der VfB zur Halbzeit "nur" mit 1:0 führte. Dabei war in diesen ersten 45 Minuten mehr drin, viel mehr! Erst klärte Carles Puyol nach einem Freistoß von Alexander Hleb gegen Pawel Pogrebnjak (23.), dann konnte Timo Gebhart eine Flanke von Hleb nicht platzieren (25.). Mit der Führung im Rücken erhöhte der VfB sogar die Schlagzahl. Cacau scheiterte erst gegen Marquez (32.) und dann an Torhüter Victor Valdés (33.), und wenn es der niederländische Schiedsrichter Bjorn Kuipers gut mit den Roten gemeint hätte, dann hätte er durchaus zweimal Strafstoß geben können - nach einem Handspiel von Gerard Piqué im Strafraum (29.) und nach einem rüden Ellbogen-Rempler von Marquez gegen Gebhart (42.).
Dann war Halbzeit, und Horst Heldt blickte in müde Stuttgarter Gesichter: "Jeder Einzelne musste brutal viel abrufen. Ich hoffe, das rächt sich nicht."
Sieben Minuten nach dem Wiederanpfiff war es dann passiert: Aus heiterem Himmel traf Ibrahimovic mit einem Nachschuss aus sieben Metern zum Ausgleich. Der VfB ließ sich davon aber nur kurze Zeit schocken. Sami Khedira (63.) und der eingewechselte Ciprian Marica (73.) verpassten die erneute Führung. In der 69. Minute musste Molinaro sogar auf der eigenen Torlinie retten, doch der VfB hielt dem stärker aufkommenden Gegner stand. Chapeau, VfB: Dieser Auftritt war aller Ehren wert.
Quelle: stuttgarter-nachrichten.de
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